Forschungsprojekt
Mit dem Eisspeicher durch den Winter heizen
Moderne Wärmepumpen-Heizungen können ihre Energie auch aus exotisch klingenden Energiequellen wie Eisspeichern gewinnen. In Rapperswil-Jona testen die HSR Hochschule für Technik Rapperswil und die Elektrizitätswerk Jona-Rapperswil AG, wie effizient das Konzept in der Praxis funktioniert. Das System könnte dereinst Öltanks überflüssig machen.
Im Winter ist die Heizung der wichtigste Teil eines Gebäudes. Um es drinnen warm zu halten, nutzen moderne Wärmepumpen-Heizungen Energie aus Erdsonden oder aus der Umgebungsluft. Noch relativ jung ist die Idee, Eisspeicher als Energiequelle für eine Heizung zu nutzen. Eisspeicher sind im Wesentlichen im Erdboden versenkte Wasserbecken, die durch die Energie von Sonnenkollektoren aufgeheizt werden. Wenn im Haus geheizt werden soll, entziehen Wärmetauscher dem Wasser Energie, wodurch sich Eisplatten bilden – deshalb der Name Eisspeicher.
Nach einem ersten erfolgreichen Test mit einem Eisspeicher-Prototyp in einem Kindergarten in Rapperswil-Jona optimieren und testen die HSR und die Elektrizitätswerk Jona-Rapperswil AG (EWJR AG) nun in einem Wohn- und Geschäftshaus einen weiterentwickelten Eisspeicher. «Der Winter dient uns als Monitoring, um zu ermitteln, ob die erwarteten Leistungen auch in der Praxis erreicht werden», sagt Michael Bätscher, Geschäftsführer der EWJR AG. Bisher sei er sehr zufrieden mit dem Eisspeicher-Projekt.
200’000 Liter Wasser als Wärmespeicher
Das Wohn- und Geschäftshaus, in dem das Eisspeicher-Heizsystem getestet wird, steht in Sichtweite der EWJR AG. Rund 120 Quadratmeter Solarkollektoren auf dem Dach sammeln hier laut Projektleiter Daniel Philippen bei Sonnenschein Wärme und leiten sie in den Eisspeicher – einen 200’000 Liter fassenden Beton-Wassertank. 42 Wärmetauscher im Wasser heizen das Wasser mit der Energie aus den Sonnenkollektoren auf.
In der kalten Jahreszeit entziehen die gleichen Wärmetauscher dem Wasser die gespeicherte Energie und dienen so als Energiequelle für das Wärmepumpen-Heizsystem im Gebäude. Die Energie aus dem Eisspeicher vervielfacht über die Wärmepumpe die bezogene Energie aus dem Stromnetz und erreicht so einen vergleichbaren Wirkungsgrad wie eine Wärmepumpen-Heizung mit Erdsonde. Das zeigen auch Tests des SPF Institut für Solartechnik der HSR.
Einfacher Ersatz bei Ölheizungen
Für den Eisspeicher als Energiequellen-Alternative sprechen noch weitere Punkte. So gibt es etwa in städtischen Gebieten häufig keine Möglichkeit, Erdsonden zu platzieren. Auch Umluft-Wärmetauscher stossen bei Nachbarn selten auf widerspruchsfreie Akzeptanz. Zudem lassen sich Öltankräume bei Gesamtrenovationen auch ohne grossen Aufwand in einen Eisspeicher umbauen. Das Potenzial von Eisspeichern im Rahmen der Energiewende ist deshalb gross.
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«Forschung ist wichtig, denn wir können nur verkaufen, was funktioniert.»
Die EWJR AG verspricht sich vom Eisspeicher-Projekt mit der HSR ein neues, innovatives Produkt. Im Interview zieht Michael Bätscher, Geschäftsführer der EWJR AG, eine Zwischenbilanz.
Herr Bätscher, Forschung kostet Zeit und Geld. Was versprechen Sie sich vom Eisspeicher-Projekt?
Michael Bätscher: Die EWJR AG sucht immer nach neuen Möglichkeiten im Energiebereich und Eisspeicher haben grosses Potenzial. Wenn sich unsere Modellrechnungen in der Praxis bestätigen, können wir ein innovatives, leistungsfähiges Heizsystem anbieten, das auf erneuerbare Energien setzt – eventuell zusammen mit Vertriebspartnern.
Warum arbeitet die EWJR AG mit dem SPF Institut für Solartechnik der HSR zusammen?
Wir hätten weder das Personal noch die Labors, um solche Entwicklungen allein umzusetzen. Auch die Erfahrung und die Kontakte zu den Forschungs-Förderprogrammen sprachen für eine Zusammenarbeit mit der HSR.
Der Testbetrieb des Eisspeichers läuft bis Sommer 2019 – wie bewerten Sie das Projekt bisher?
Bisher sind wir sehr zufrieden. Der Winter dient uns als Nagelprobe, ob die Erwartungen im realen Betrieb erfüllt werden. Deshalb ist die Forschung für uns wichtig, denn wir können nur verkaufen, was auch funktioniert. Auf die Ergebnisse sind wir bereits sehr gespannt.
Projektteam:
Daniel Philippen
SPF Institut für SolartechnikCo-Teamleiter SPF Gebäude & Thermische Netze
+41 58 257 48 30daniel.philippen@ost.ch