Wie gelingt es, Daten mit anderen Unternehmen im Ökosystem zu teilen?

Daten in Werte transferieren

Grosse Mengen von Daten («Big Data») entstehen heute in vielen Unternehmen und Branchen nahezu «nebenbei», zum Beispiel durch Sensoren, die in Maschinen eingebaut sind oder durch Zugriff auf die Unternehmenswebsite. In vielen Daten liegen ungenutzte Werte verborgen, sie helfen, Kunden besser zu verstehen, neue Märkte aufzufinden oder die Verbreitung neuer Technologien zu verfolgen. Daten können also die Grundlage für mehr Effizienz und tiefere Kosten oder für innovative Produkte, Services und Geschäftsmodelle darstellen. Daten bilden also die Grundlage für organisationale Werte. Zudem fusst auch der Einsatz von künstlicher Intelligenz und Machine Learning Algorithmen grosse Mengen von Daten, die eine Voraussetzung zum Trainieren der Software darstellen (siehe auch Kugler et al., 2024).

Daten im Ökosystem teilen

Oft entstehen solche Daten gerade an der Schnittstelle zwischen mehreren Unternehmen, zum Beispiel wenn eine Maschine beim Kunden im Einsatz ist. Dann ist es möglich kontinuierlich Daten zum Hersteller oder zu einem Daten-Dienstleister zu übermitteln und auszuwerten. Klingt einfach, aber das Teilen von Daten ist mit vielfältigen Hürden und Voraussetzungen verbunden – insbesondere dann, wenn mehrere Unternehmen in einem Ökosystem involviert sind.

Interessanterweise geht es dabei weniger um technische Hürden als um organisationale Aspekte. Welche Faktoren wichtig sind, stand im Mittelpunkt des durch Interreg geförderten internationalen, interdisziplinären Forschungsprojektes «Data Sharing Framework für KMU» (2020-2023) stand, das in Kooperation mit den Hochschulen HTWG Konstanz, ZHAW SoE & SML, FHV und mehreren Praxispartnern durchgeführt wurde.

Voraussetzungen und Hürden zum Teilen von Daten: 5 Perspektiven

Im Forschungsprojekt wurden fünf Perspektiven und ihre Rolle beim Teilen von Daten genauer betrachtet: Organisationskultur, Vertrauen, der Wert von Daten, Recht & Governance sowie Sicherheitsaspekte. Dabei zeigten sich unter anderem die nachfolgenden Erkenntnisse (Auszug aus Benedech et al., 2024):

Organisationskultur

Organisationskultur bezieht sich auf das Denken und Handeln in einem Unternehmen oder einer Organisationseinheit. Die Forschungsergebnisse zeigen, dass sich eine Organisationskultur, welche das Arbeiten mit Daten ermöglicht, auf verschiedene Analyseebenen bezieht: Individuum, Organisation und Ökosystem. Auf allen Ebenen war bei den untersuchten Unternehmen ein Sensibilisierungsprozess für den Wert der Daten, die Eigenschaften der besonderen Ressource «Daten» und für die Überwindung festgelegter Grenzen innerhalb und außerhalb ihrer jeweiligen Organisation erforderlich. Dafür mussten Rollen, Strukturen und Prozesse an die Arbeit mit Daten angepasst werden.

Vertrauen

Das Aufbauen von Vertrauen in Business-to-Business (B2B) Beziehungen hängt stark von langfristigen, persönlichen Beziehungen zwischen Käufer:innen und Verkäufer:innen ab,was die entscheidende Rolle von Verkaufsmanagern betont. Die Gewinnung der Unterstützung organisations-interner Akteure ist daher wesentlich für den Aufbau von Vertrauen mit externen Partnern. Der Beginn mit kleinen Pilotprojekten unter Einbeziehung wichtiger Akteure wurde als ein Schlüsselfaktor für den Aufbau von Vertrauen innerhalb der Organisation identifiziert. Zudem kann das Vertrauen durch klare Definition der Ziele der Datenfreigabe und transparente Kommunikation der spezifischen Ziele der Datenerfassung mit Partnerunternehmen erhöht werden.

Wert von Daten

Die Projektergebnisse deuten darauf hin, dass Unternehmen Vermutungen über das Potenzial der Wertströme im Ökosystem haben, die durch das Teilen und Nutzen ihrer Daten ermöglicht werden. Die Vorstellung von diesem Wertpotenzial blieb vage und qualitativ. Das Wissen um eine Quantifizierung dieses Wertes war gleichzeitig eine Voraussetzung für die Entscheidung, ob die Daten geteilt und genutzt werden sollten, beispielsweise für intelligente Dienstleistungen. Abhängig von den Entscheidungsanforderungen ist eine grobe Quantifizierung des Wertflusses ausreichend, oder in speziellen Fällen ist eine detailliertere Analyse erforderlich, basierend auf stochastischen, zeitdynamischen Modellen der Dienstleistungsprozesse.

Recht & Governance

Daten werden zunehmend als Vermögenswert betrachtet, der die Unternehmensbewertung beeinflusst. Der EU-Gesetzgeber entwickelt Massnahmen zur Förderung eines fairen Datenzugangs und -nutzung, um Datensilos zu verhindern, die das Wachstumspotential begrenzen. Die Projektergebnisse zeigen, dass vielen KMU das Bewusstsein und die Werkzeuge fehlen, um auf diese Entwicklungen zu reagieren. Wir empfehlen, dass Organisationen eine interne Data Governance auf Basis von drei Säulen etablieren: (a) Data-Asset-Management zur systematischen und kontinuierlichen Erfassung und Bewertung des Datenbestands, (b) Data-IP- und-Compliance-Management, und (c) Data-Contract-Management als Mechanismus zur Regulierung von Datenzugang und -nutzung zwischen Ökosystempartnern.

Sicherheitsaspekte

Eine Voraussetzung für den Datenaustausch zwischen Unternehmen ist die Bereitstellung von Methoden zur Sicherstellung der Sicherheit, Privatsphäre und Integrität freigegebener Daten. Idealerweise existiert ein kollaborativer Co-Creation Ansatz unter Berücksichtigung relevanter Sicherheitsstandards und Einbindung von IKT-Expert:innen und Praktiker:innen zur Umsetzung der Notwendigkeiten für die Komplexitäten und Feinheiten einer integrierten Datenkette. Zu Beginn könnten Best Practice zur Erreichung dieser Ziele ausreichen, insbesondere unter Zeitdruck (insbesondere bei rascher Markteinführung).

 

Möchten Sie mehr zum Thema «Daten im Ökosystem teilen» wissen?

  • FuE-Projekt «Data Sharing Framework» Zusammenfassung der der wichtigsten Erkenntnisse
  • Buchkapitel «Daten im B2B-Ökosystem teilen und nutzen: Wie KMU Voraussetzungen schaffen und Hürden überwinden» (Über Springer / Springer Link

Prof. Dr. Petra Kugler
ISM Institut für Strategie und Marketing
+41 58 257 13 92
petra.kugler@ost.ch

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«Petra Kugler ist Professorin für Strategie und Management am Institut für Strategie und Marketing. Ihre Arbeit konzentriert sich auf die Schnittstelle von Strategie, Innovation und Management und darauf, wie Unternehmen in turbulenten Zeiten nachhaltige Wettbewerbsvorteile generieren und schützen können.»

 

 

 

Literatur

Benedech, R., M. Dobler, P. Kugler, J. Meierhofer, J. Meyer, M. Strittmatter, M. Treiterer, H. Vogt (2024). Data Sharing Framework für KMU. Abschlussbericht zum FuE-Projekt «Data Sharing Framework».

Kugler, P., Vogt, H., Meierhofer, J., Dobler, M., Strittmatter, M., Treiterer, M, & Schick, S. (2024). Daten im B2B-Ökosystem teilen und nutzen: Wie KMU Voraussetzungen schaffen und Hürden überwinden. In: Schallmo, D., S. Kundisch, K. Lang, D. Hasler (Hrsg.), Digitale Plattformen und Ökosysteme im B2B-Bereich: Fallstudien, Ansätze, Technologien und Tools. Springer Nature, 209-240.