Bitcoin und Immobilien: Zwei Rekordhalter im Vergleich

12.12.2024

Im aktuellen Anlageumfeld stehen zwei sehr unterschiedliche, aber gleichermassen faszinierende Assets im Rampenlicht: Bitcoin und Schweizer Wohnimmobilien. Beide Anlageklassen haben in den letzten Jahren beachtliche Höhenflüge hingelegt und ziehen regelmässig grosses Interesse auf sich. So hat sich zum Beispiel die Immobilienquote bei Pensionskassen in den vergangenen 10 Jahren um rund 25% erhöht (Schweizer Pensionskassenstudie 2024, Swisscanto). Im Bereich der Crypto-Assets ist Bitcoin immer noch das Mass aller Dinge und bestimmt rund 56% des Marktes. Doch wie lassen sich diese Assets vergleichen, und welche Rolle könnten sie in einem diversifizierten Portfolio spielen?

Bitcoin und Immobilien auf Rekordkurs

Am 5. Dezember 2024 notiert Bitcoin bei über USD 103’600 – ein neuer Höchststand (all-time-high, ATH). Der jüngste Kursanstieg wurde unter anderem durch die Wiederwahl von Donald Trump und seine kryptofreundliche Haltung befeuert. Laut einer Studie der HSLU investieren rund 11 % der Schweizer Bevölkerung in Kryptowährungen.

Auch der Schweizer Immobilienmarkt zeigte sich trotz der temporären Zinswende zwischen Juni 2022 und Februar 2024 robust. Mit den seit März 2024 wieder sinkenden Zinsen sind die Immobilienpreise laut einer aktuellen Studie der UBS im dritten Quartal 2024 um 0,7 % gestiegen. Die gleiche Studie prognostiziert für 2025 einen weiteren Preisanstieg von 3-5 %. Die jüngsten Zinssenkungen, gepaart mit den gestiegenen Mieten, dürften die Nachfrage nach Wohneigentum somit weiter vorantreiben. Der Swiss Real Estate Bubble Index deutet derzeit jedoch nur auf ein moderates Blasenrisiko hin.

An dieser Stelle wollen wir diese beiden Assetklassen etwas genauer betrachten und deren Unterschiede sowie mögliche Gemeinsamkeiten zusammenfassen. Beide Anlagen bieten spannende Möglichkeiten, verfolgen jedoch unterschiedliche Ansätze in Bezug auf Wertentwicklung, Liquidität und Zielgruppen.

1. Wertentwicklung und Volatilität
Bitcoin ist bekannt für seine enorme Volatilität. Preissprünge von 10 % oder mehr an einem einzigen Tag sind keine Seltenheit. Immobilien hingegen zeichnen sich durch eine stabilere, kontinuierliche Wertsteigerung aus. Diese Stabilität wird durch die begrenzte Verfügbarkeit von Bauland und die hohe Nachfrage nach Wohnraum gestützt. Nichtsdestotrotz weisen beide Assets eine Knappheit auf. Bitcoin ist auf maximal 21 Millionen Stück begrenzt, und Bauland ist ebenfalls nur begrenzt verfügbar.

2. Liquidität und Marktzugang
Bitcoin kann rund um die Uhr gehandelt werden und bietet eine hohe Liquidität. Immobilien hingegen sind illiquide, erfordern höhere Transaktionskosten und längere Verkaufsprozesse. Gleichzeitig sind die Einstiegshürden bei Immobilien aufgrund hohem Kapitaleinsatz und strikter Regulierung höher als beim Bitcoin. Zudem ist das Wissen über Immobilienanlagen weiterverbreitet und das Investment im wörtlichsten Sinn fassbarer.

3. Zielgruppen und Demografie
Während sich Bitcoin insbesondere bei jüngeren Generationen wachsender Beliebtheit erfreut, bleibt Wohneigentum ein Ziel für breitere Bevölkerungsschichten. Gemäss aktuellen Daten des Bundes (per Ende 2022) besitzen 23,8 % der Schweizer ein Einfamilienhaus und 12,1 % eine Eigentumswohnung. Kryptowährungen sind im Vergleich dazu ein Nischenprodukt, gewinnen jedoch stetig an Akzeptanz. 

Ob und inwiefern Immobilien und Bitcoin sich in einem Portfolio ergänzen, muss im Einzelfall beurteilt werden. Beide Anlageklassen reagieren unterschiedlich auf makroökonomische Entwicklungen und könnten somit zur Risikostreuung eines Portfolios beitragen. Immobilien bieten Stabilität, Inflationsschutz und eine regelmässig Einkommensquelle durch Mieteinnahmen. Bitcoin hingegen bietet eine Möglichkeit zur Diversifikation (obwohl er in der Vergangenheit bei einem allgemeinen Risk-Off-Sentiment genauso wie alle anderen Assetklassen gesunken ist). Zudem wird Bitcoin, wie auch einigen anderen Crypto-Assets, eine mögliche Absicherung gegen Fiat-Währungsrisiken nachgesagt. Die Kehrseite der potenziell hohen Renditen bleibt jedoch der spekulative Charakter von Crypto-Assets.

Bewertungsansätze

«Buy low, sell high» bleibt die grundlegendste Börsenweisheit. Die Umsetzung dieser Weisheit ist jedoch sehr schwierig. Hinter den Begriffen «high» und «low» stehen Vorstellungen von Wert und Preis. Die Attraktivität eines Assets wird unter anderem durch die Erwartung an dessen «inneren» (oder «fairen») Wert bestimmt. Um diesen Wert zu ermitteln, gibt es für jede Assetklasse spezifische Bewertungsmethoden. Im Folgenden werden die wichtigsten und bekanntesten Methoden für Immobilien und Crypto-Assets (mit Fokus auf Bitcoin) zusammengefasst.

Es existiert eine grosse Palette an Bewertungsmethoden für Immobilien. An dieser Stelle wird auf vier etablierte Verfahren eingegangen:

1. Ertragswertverfahren
Dieses Verfahren wird besonders bei Renditeobjekten wie Mietwohnungen oder Geschäftsimmobilien angewendet. Der Wert wird aus den erwarteten Nettoeinnahmen und einem Kapitalisierungssatz berechnet, der das Marktrisiko und die Renditeerwartungen widerspiegelt.

2. Sachwertverfahren
Hierbei steht der Wiederbeschaffungswert der Immobilie im Fokus. Der Bodenwert sowie die Baukosten des Gebäudes, abzüglich der Altersentwertung, bestimmen den Sachwert. Dieses Verfahren wird oft bei Spezialimmobilien oder selbstgenutzten Einfamilienhäusern angewendet.

3. Vergleichswertverfahren
Das Vergleichswertverfahren nutzt Marktpreise ähnlicher Immobilien in derselben Region. Kriterien wie Lage, Baujahr, Zustand und Grösse fliessen in die Bewertung ein. Es erlaubt eine einfache und schnelle Einschätzung, insbesondere bei Objekten wie Wohnungen.

4. Discounted-Cash-Flow-Methode (DCF)
Die DCF-Methode betrachtet die Immobilie als eine Art Unternehmen und erfordert eine detaillierte Schätzung der künftigen Cashflows (Zahlungsströme) resultierend durch die bzw. wegen der Immobilie. Diese Cashflows werden mit einem Zinssatz auf den heutigen Wert diskontiert. Die höhe dieses Zinssatzes wirkt sich stark auf den Wert aus.

In der Praxis wird oft eine Kombination dieser Verfahren genutzt, um die spezifischen Eigenschaften der Immobilie möglichst genau zu berücksichtigen. 

Die Bewertung von Bitcoin und anderen Crypto-Assets ist komplex und unterscheidet sich grundlegend von traditionellen Anlageklassen. Obschon verschiedene Vergleichsanalysen mit anderen Assetklassen (z.B. Gold) versucht wurden, erklärten sie die Preisveränderungen, wenn überhaupt, in der langen Frist. Im Folgenden werden einige alternative Bewertungsmethoden für Bitcoin und Crypto Assets allgemein kurz zusammengefasst:

1. Stock-to-Flow-Modell
Dieses Modell betrachtet die Knappheit eines Gutes. Es setzt den Bestand (Stock) ins Verhältnis zum jährlichen Neuzugang (Flow). Bei Bitcoin sorgt das begrenzte Angebot von 21 Millionen Coins für eine hohe Stock-to-Flow-Ratio, was langfristig einen hohen Wert rechtfertigen soll.

2. Metcalfe’s Law
Dieser Ansatz misst den Wert eines Netzwerks basierend auf der Anzahl seiner Nutzenden (teilweise inkl. Miners und Entwickler). Je mehr aktive Adressen und Transaktionen im Bitcoin-Netzwerk stattfinden, desto wertvoller wird es. Der Ansatz eignet sich besonders, um verschiedene Blockchains zu vergleichen. Eine Studie von NYDIG aus dem Jahr 2020 zeigte, dass sich damit über 90% der Variation der Marktkapitalisierung von Bitcoin erklären liess.

3. On-Chain-Daten
Hierbei werden Blockchain-Daten analysiert, um Markttrends zu erkennen. Ähnlich wie bei der Anwendung von Metcalfe’s Law sollen Daten vom Bitcoin-Protokoll verwendet werden. Kennzahlen wie Transaktionsvolumen, Anzahl aktiver Adressen und die «Realized Cap» (eine alternative Marktkapitalisierungsmethode) geben Aufschluss über die Marktaktivität. Eine einheitliche Analyseform konnte sich jedoch noch nicht etablieren.

4. Marktsentiment
Da Crypto-Assets derzeit eher spekulativ sind, spielt die Marktstimmung eine entscheidende Rolle. Ereignisse wie regulatorische Entwicklungen oder technologische Fortschritte können den Wert erheblich beeinflussen.

Während diese Modelle wertvolle Einblicke bieten, bleibt die Bewertung spekulativ, da externe Faktoren und die Marktpsychologie oft eine grössere Rolle spielen als fundamentale Daten.

Fazit: Unterschiedliche Stärken, gemeinsames Potenzial

Bitcoin und Immobilien könnten kaum unterschiedlicher sein: die digitale, hochvolatile Kryptowährung auf der einen Seite, das greifbare, stabile Wohneigentum auf der anderen. Beide können jedoch ihre Berechtigung in einem gut diversifizierten Portfolio haben. Immobilien punkten durch Stabilität und regelmässige Erträge, während Bitcoin mit hoher Renditechance und Risikodiversifikation überzeugt.

Bei der Timing-Frage kommt es auf die Bewertung eines Assets an. Hier zeigt sich, dass die Wissenschaft und Praxis im Bereich der Immobilien weit fortgeschritten sind und gut erprobte Methoden existieren. Nichtsdestotrotz kann es auch hier zu starken Fehleinschätzungen und daraus resultierenden Verwerfungen kommen. Bei Crypto-Assets muss das jeweilige Asset zunächst genau verstanden werden. Je nach Art (z. B. des Konsensmechanismus oder der Tokenomics) kommen unterschiedliche Methoden zum Einsatz. Unterm Strich bleibt jedoch, dass diese Assetklasse noch sehr jung ist und oft auch die Erfahrung fehlt. Crypto-Assets bleiben daher bis auf Weiteres ein hoch spekulatives Investment.

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