Allgemeines Projekt

Induktiver Array-Sensor für die Detektion, Klassifikation und Parameterschätzung von metallischen Objekten im Untergrund als Werkzeug für die Validierung von BIM-Modellen

Induktive Detektoren gehören heutzutage zum Standard auf jeder Baustelle. Bei der Durchführung einer Kernbohrung oder beim Setzen eines Lastankers muss garantiert werden, dass keine tragende Armierung oder gar ein Spannkabel angebohrt werden. Die Firma HILTI AG hat in Zusammenarbeit mit dem Institut für Computational Engineering ICE (OST) einen neuartigen induktiven Sensor entwickelt, bei welchem mittels Machine-Learning Methoden eine hohe Zuverlässigkeit und Genauigkeit bei der Parameterschätzung von Armierungseisen erreicht wird.

Induktive Detektoren gehören heute zum Standard auf jeder Baustelle. Bei der Durchführung einer Kernbohrung oder beim Setzen eines Lastankers muss garantiert werden, dass keine tragende Armierung oder gar ein Spannkabel angebohrt werden. Dies hätte eine Schwächung der Struktur, hohe Schäden und Kosten zur Folge. Zur Lokalisierung dieser Objekte im Untergrund haben sich drei Technologien etabliert: Radar, Induktion und harte Röntgenstrahlung. Auf den Einsatz harter Röntgenstrahlung wird aufgrund der Bewilligungspflicht (Strahlenschutz) wenn möglich verzichtet. Radarsensoren sind stark von der Granularität und Inhomogenität des Untergrundes beeinflusst und nicht in der Lage, den Durchmesser von Armierungseisen genau zu schätzen. Daher sind induktive Sensoren die erste Wahl, wenn es darum geht, Armierungseisen genau zu lokalisieren und zu qualifizieren.

Neben der Vermeidung von Armierungstreffern, ist die Qualitätskontrolle die zweit wichtigste Applikation von induktiven Scannern:

  • Kontrolle der Betonüberdeckung: Die basischen Eigenschaften von Beton sind ein natürlicher Korrosionsschutz für die Armierung. Ist die Betonüberdeckung zu gering, kann die Lebensdauer des Gebäudes drastisch reduziert sein.
  • Überprüfung der Tragfähigkeit der Strukturen: Wenn ein Gebäude oder eine Brücke umgenutzt oder erweitert wird, muss garantiert werden, dass bestehende Baustruktur die Lasten tragen kann. Dafür muss messtechnisch nachgewiesen werden, welche Armierung wo verbaut wurde.
  • Beim der Methode des Building Information Modeling (BIM)1 werden alle relevanten Bauwerksdaten digital modelliert und erfasst. Hierzu gehören auch die mittels P-300 validierten Daten der Bewehrungspläne.

Die am Markt verfügbaren Sensoren sind bei der Schätzung von Überdeckung und Durchmesser von Armierungseisen recht ungenau, speziell wenn es darum geht, Armierungseisen in der zweiten Armierungslage zu schätzen. Oft können diese Sensoren wegen der Komplexität der Anwendung nur von Prüfexperten verwendet werden. Induktive Arrays, welche Wirbelströme im tiefen Frequenzbereich (1-5 kHz) anregen sind zu wenig empfindlich für die Detektion von Spannkabeln, Kupferleitungen, Bodenheizungen und Wasserleitungen, da nur Materialien mit hoher Permeabilität ausreichend Signalamplitude generieren. Dies führt dazu, dass diese Sensoren im Kraftwerkbau nicht anwendbar sind, wo Betone mit Magnetit-Kiesel verwendet werden. Das Marktpotential für eine verbesserte Technologie ist daher klar gegeben.

Um diese Marktlücke zu schliessen, beschloss die Firma HILTI, einen neuartigen, bildgebenden Sensor auf den Markt zu bringen, der diese Nachteile beseitigt. In enger Zusammenarbeit mit dem Institut für Computational Engineering ICE (OST) wurde der weltweit erste Array-Scanner auf der Basis der Pulsinduktionstechnik entwickelt. Pulsinduktionssysteme regen breitbandig im hohen Frequenzbereich an (bis 50 kHz). Dadurch werden auch Spannkabel (hochvergütete Stahlseile), Strom- und Gasleitungen (Kupfer) als auch mit Alu ummantelte Bodenheizungsrohre sichtbar. Im Rahmen eines Innosuisse-Projektes (14469.1;8 PFIW-IW) wurde ein effizientes mathematisches Vorwärtsmodell auf Basis der Dipol-Entwicklung der rückgestreuten elektromagnetischen Felder entwickelt, welches die im Spulenarray induzierten Spannungen breitbandig korrekt voraussagt. Mit Hilfe dieses Simulators konnte der Sensorarray des PS-300 ausgelegt und optimiert werden und die Entwicklungszeit von neuen Sensoren verkürzt werden. Nachteil der hochfrequenten Anregung ist allerdings, dass verstärkt Maschenströme in den Armierungsgittern induziert werden, welche die Detektion und Schätzung von Durchmesser und Überdeckung erschweren. Im Nachfolgeprojekt (17917.1 PFIW-IW) wurde daher am ICE eine Tool-Chain entwickelt, wo mittels definierten Test- und Use-Cases Signalverarbeitungsstrategien für Detektoren am Bau automatisiert optimiert und mittels automatischer Code-Generierung implementiert werden können. Durch den Einsatz von Machine-Learning-Methoden konnte eine zuverlässige Klassifizierung des Untergrundes erreicht werden. Insgesamt werden aus den Signalsignaturen 26 Features generiert und ausgewertet, um den Untergrund zu klassifizieren und die optimale Signalverarbeitungsstrategie für den gegebenen Untergrund zu wählen. Nur dank dieser Klassifizierung kann auch bei sehr variablen Untergründen und bei teilverschweissten Gittern eine hohe Durchmesserschätzgenauigkeit erreicht werden.

Heute ist es Standard, dass Gebäudeinformationen als digitale Gebäudemodelle im BIM erfasst werden. PS-300 schliesst in diesem Bereich als Validierungswerkzeug die Lücke zur Dokumentation zwischen den Daten, wie sie geplant wurden (as planned) und den Daten, wie sie tatsächlich sind (as built). Seit Mitte 2019 wird PS-300 erfolgreich vermarktet.

1 Building Information Modeling (BIM) beschreibt eine Methode der vernetzten Planung, Ausführung und Bewirtschaftung von Gebäuden und anderen Bauwerken mithilfe von Software. Dabei werden alle relevanten Bauwerksdaten digital modelliert, kombiniert und erfasst. Das Bauwerk ist als virtuelles Modell auch geometrisch visualisiert (Computermodell).

Laufzeit: 23.06.2020

Kooperation:

Torsten Gogolla, Geert Kalusche, Dietmar Schönbeck, Measuring Systems, HILTI AG, Schaan, Liechtenstein

Abbildung 1: Mit dem PS-300 Untergrundscanner lassen sich Armierungseisen, Rohre und Kabel im Untergrund orten, abbilden und charakterisieren. Die Hauptapplikationen sind «Hit Prevention», d.h. das Vermeiden des Anbohrens von Armierungseisen und Spannkabeln sowie die Qualitätskontrolle am Bau.
Abbildung 1: Mit dem PS-300 Untergrundscanner lassen sich Armierungseisen, Rohre und Kabel im Untergrund orten, abbilden und charakterisieren. Die Hauptapplikationen sind «Hit Prevention», d.h. das Vermeiden des Anbohrens von Armierungseisen und Spannkabeln sowie die Qualitätskontrolle am Bau.