US-Markt für Schweizer Verschlüsse geöffnet

Die USA – ein Markt mit vielen Chancen, aber auch Risiken: Wie schaffen Schweizer Unternehmen den Sprung über den Atlantik? Wie erobern sie den amerikanischen Markt? Seit diesem Jahr bietet die OST wieder ein USA-Praxisprojekt an. Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der Robert Morris Universität in Pittsburgh sind OST-Studierende für Marktforschungen unterwegs. Für die Herrmann AG in Walzenhausen fanden sie heraus, wie ihre Spritzguss-Verschlüsse an US-Kunden gelangen.

Wie gelingt der Markteintritt in Amerika? Das Kompetenzzentrum Wissenstransfer & Innovation (WTT) hat dieses Jahr die Praxisprojekte in den USA wieder aufgenommen – nach einer pandemiebedingten Pause. Studierende der OST und der amerikanischen Robert Morris University in Pittsburgh erforschen für Unternehmen den US-Markt: Sie sprechen mit Experten, Regulatoren, Branchenverbänden oder Kunden – und gelangen so zu wertvollen Entscheidungsgrundlagen. «Dank dieser Hochschulpartnerschaft kommen Firmen, auch KMU, an ein Netzwerk und wertvolle Markteinsichten in den USA», sagt Franziska Bärtsch, die Projektverantwortliche im WTT-OST. Die Auftraggebenden erhalten elaborierte Marktforschungen oder Managementkonzepte.

 

Ambitionierte Teams für fordernde Projekte

Internationale Projekte mit gemischten Teams aus zwei Ländern verlangen einiges von den Studierenden ab. Sie müssen sich für das USA-Projekt speziell bewerben: «Das Team besteht aus hochmotivierten Studierenden, die bereit sind mehr als das Übliche zu leisten», sagt Franziska Bärtsch. Teamfähigkeit, Zuverlässigkeit und Leistungsbereitschaft seien unabdingbar. Davon würden auch die Auftraggebenden profitieren. Das spricht sich herum: Die USA-Projekte sind beliebt bei Unternehmen, die bereits US-Erfahrung haben: Geberit, Leica Geosystems oder F. Hoffman-La Roche gehören zu den Auftraggebenden.

«Dank unserem Praxisprojekt-Modell profitieren aber gerade auch KMU von viel erschwinglicher Brainpower», sagt Franziska Bärtsch. Das diesjährige Projekt für die Herrmann AG in Walzenhausen unterstreicht dies. 700 Millionen Spritzguss-Verschlüsse produzieren die rund siebzig Mitarbeitenden des Unternehmens jährlich. Damit gehört Herrmann weltweit zu den führenden Anbietern.

 

USA – wie vorgehen?

Mit Praxisprojekten hatte Herrmann-Verkaufschef Micha Staub bereits gute Erfahrungen gemacht. Die Wiederaufnahme der USA-Projekte sah er als Gelegenheit: «In Europa werden Pharmaprodukte meist in Blistern verkauft: dabei werden Tabletten durch eine Folie rausgedrückt.» In den USA seien hingegen Dosen oder Fläschchen dominanter, die eben Verschlüsse benötigen, wie sie Herrmann herstellt. «Dieser Markt ist intern schon länger Thema.» 

Für den Familienbetrieb aus Walzenhausen löste der Gedanke an US-Märkte allerdings gemischte Gefühle aus: «Man hört von vielen Risiken und Gefahren und weiss erst gar nicht mal, wie man vorgehen soll.» Das Praxisprojekt kam da gerade richtig: Welches Potential hat der Markt für Herrmann? Wer sind die Mitbewerber? Wie kommen mögliche Kunden zu ihren Lieferanten? Wie sind die Beschaffungswege ausgestaltet? Braucht es eine US-Produktion oder findet auch Importware die nötige Akzeptanz? Wie macht man auf sich aufmerksam?  

 

Tief eintauchen für wegweisende Erkenntnisse

Für den Projektstart reisten die amerikanischen Studierenden zunächst in die Schweiz, lernten das Team und den Auftraggeber kennen. Danach wurde über Monate hinweg getrennt gearbeitet, wobei das US-Team sich insbesondere um die Arbeit an der Front in den Staaten kümmerte. Zum Abschluss der Arbeiten reisten die Schweizer Studierenden in die USA, um das Projekt fertigzustellen.

«Die kulturellen Unterschiede im Beschaffungsprozess kennenzulernen, war für uns eine wichtige Erkenntnis», so Micha Staub. Beispielsweise nehme LinkedIn in den USA eine wichtigere Rolle ein als in Europa. «Da geht’s nicht nur ums Netzwerken, es werden aktiv Lieferanten gesucht.» Dank dem Praxisprojekt hat Micha Staub nun einen «Fahrplan»: Wie kann sich Herrmann in den US-Märkten bekanntmachen?

«Ein weiterer Nutzen für Auftraggebende ist die Nähe zu hochmotivierten Talenten mit internationaler Erfahrung im letzten Semester», sagt Franziska Bärtsch. Man könne über Monate beobachten, wie jemand arbeite. Deshalb kommt es generell bei Praxisprojekten immer wieder vor, dass Studierende gleich für Stellen angeworben werden – anschliessend ans Studium.

Das nächste USA-Projekt startet im Januar 2025 und dauert bis Mitte April. Interessierte Unternehmen melden sich bei Franziska Bärtsch.