Bei der vor wenigen Tagen absolvierten Cybathlon Challenge zeigte sich: Die «enhanced»-Teams der OST – Ostschweizer Fachhochschule sind auf sehr gutem Weg: In den Disziplinen robotischer Rollstuhl und Exoskelett gingen Robility enhanced und VariLeg enhanced als Sieger hervor. Beste Voraussetzungen also für die Cybathlon Global Edition 2024.
Mit Wettbewerbsniederlagen hat das Team Robility enhanced der OST – Ostschweizer Fachhochschule keine Erfahrung. Wo die Piloten antreten, gewinnen sie. Zum ersten Mal am Cybathlon 2016, danach an den Wheelchair Series Japan 2019 und am Cybathlon 2020. Seit wenigen Tagen ist die Liste um einen Event länger: Auch bei den Cybathlon Challenges, die als kleinerer Wettkampf und als Standortbestimmung zwischen den grossen, alle vier Jahre stattfindenden Cybathlon Global Editions gedacht ist, ging Robility enhanced als Sieger hervor. Und nicht nur in der Kategorie Wheelchair war die OST erfolgreich. Auch in der Disziplin Exoskelett schnitt VariLeg enhanced, eine Kooperation der ETH Zürich und der OST, sehr gut ab - und blieb konkurrenzlos.
Bei den Vorbereitungen am Campus Hönggerberg der ETH Zürich war kurz vor den Rennen beim OST-Team nichts von Nervosität zu spüren. «Wir sind gut vorbereitet und wissen, was wir tun», sagt Teamleiterin Silvia Rohner vom MedTech Lab der OST. Das Exoskelett von VariLeg enhanced war bereits am Cybathlon 2020 im Einsatz, es wurde aber eine neue Software entwickelt. Denn: die neue Aufgabe ist schwieriger als noch vor zwei Jahren. Die runden Platten, über die Pilot Thomas Krieg sein Exoskelett steuern muss, werden in einem vorher nicht bekannten Muster angeordnet und mit unregelmässigen Abständen verlegt. Die Schrittlänge kann somit nicht mehr vorprogrammiert werden. «Unser Pilot und sein Coach müssen vor jedem Schritt die Distanz abschätzen», erklärt Silvia Rohner. Das Team habe den Einsatz eines Lasers in Betracht gezogen, am Ende aber auf die Verlässlichkeit des menschlichen Auges gesetzt. Mit Erfolg: Thomas hat den Parcours fehlerfrei und zügig gemeistert. In der zweiten Runde war er mit 1 Minute und 22 Sekunden sogar noch 14 Sekunden schneller als beim ersten Durchgang. «Nach dem ersten, soliden Lauf habe ich keine Pausen mehr gemacht und einfach durchgezogen», erklärt Thomas. Er ist sehr zufrieden mit dem Resultat, «aber es ist sehr schade, dass unser Herausforderer nicht antreten konnte.» Das Team Project MARCH aus den Niederlanden war online zugeschaltet, musste den Lauf aber wegen eines technischen Fehlers absagen. Die Studierenden arbeiteten buchstäblich bis zur letzten Minute daran, das Problem zu lösen, ohne Erfolg.
Starkes User-Centred Design
«Die Sicherheit und Zuverlässigkeit medizinischer Assistenzgeräte ist äusserst wichtig und ein starkes Kriterium. Diese Maschinen werden für Menschen mit Beeinträchtigungen entwickelt, für den Alltag. Sie müssen funktionieren. Das hat für uns oberste Priorität», sagt Silvia Rohner. Die Teams enhanced der OST arbeitet immer mit Methoden des User-Centred Design. «Wir orientieren uns an den Bedürfnissen der Nutzer und entwickeln unsere Maschinen seit Beginn in enger Zusammenarbeit mit unseren Piloten und Testfahrern.»
«enhanced Hybrid»: erste Features fertiggestellt
Auch Rolf Schoch, der in der Diziplin Wheelchair antrat, ist schon fast seit den Anfängen 2015 mit dabei. «Normalerweise trete ich im Exoskelett-Rennen an, aber unser Rollstuhlpilot Florian kann nicht hier sein, darum bin ich eingesprungen.» Der 32-Jährige hat die Siegesserie von Robility enhanced souverän fortgesetzt und den Treppenauf und -abstieg fast eine Minute schneller als der Konkurrent vom Team Scewo gemeistert. Das neue Treppenmodell ist variabler als der Vorgänger, zudem gibt es weniger Platz zum Wenden – damit sollen die engen Verhältnisse in Treppenhäusern simuliert werden. Der Wettbewerb sei toll, sagen Thomas und Rolf. «Das schönste am Projekt ist aber die sehr gute Zusammenarbeit und der Zusammenhalt in unserem Team.»
Die guten Resultate des enhanced-Teams steigern die Erwartungen und die Motivation für den Cybathlon 2024. «Allerdings arbeiten wir an einem komplett neuen Modell», sagt Silvia Rohner. Sie und ihr Team möchten in zwei Jahren mit dem «enhanced Hybrid» antreten, der die Vorteile von Exoskelett und Rollstuhl vereint. Die Idee: Fast wie im Film «Transformers» soll sich das neue Gerät zwischen Rollstuhl-Modus und Exoskelett-Modus automatisch selbst umbauen. «Das wäre ein grosser Sprung in unserem Fach. Erste Features haben wir bereits fertiggestellt und ich bin zuversichtlich, dass wir unser Ziel erreichen werden.»