Schweizer Konsortium baut «Mega-Ladestation»

Batteriegepufferter Ladecontainer soll Nutzfahrzeuge langstreckentauglich machen und Stromnetze entlasten.

Die Designwerk Technologies AG mit Sitz in Winterthur baut eine neuartige Ladestation der Megawatt-Klasse. Sie soll das Schnellladen von E-LKW innert 45 Minuten ermöglichen. Mit diesem Demonstrationsprojekt will Designwerk E-LKW langstreckentauglich machen und Netze entlasten. Die OST und weitere Forschungspartner unterstützen dabei dieses Projekt mit dem Know-How.

Bei der Designwerk Technologies AG entsteht zurzeit eine der ersten Megawatt-Ladestationen weltweit. Im Frühjahr 2023 soll die Ladestation im Container-Format erstmals E-LKW laden. Sie soll bis zu sechs Mal schneller sein als herkömmliche Hochleistungs-Ladestationen mit 350 kW Leistung. Mithilfe integrierte Batteriepuffer sollen dabei sowohl Lastspitzen vermieden als auch ein netzdienlicher Betrieb ermöglicht werden. Die wissenschaftliche Begleitung dieser technischen Entwicklungen wird vom Bundesamt für Energie (BFE) sowie von renommierten Industriepartnern unterstützt. Vonseiten der Forschung unterstützt die OST unter anderem dieses Projekt.

Die OST begleitet dieses Projekt

Mithilfe real gemessener Lastgänge werden dabei die Auswirkungen bzw. Einflussmöglichkeiten dieser (als auch zukünftiger) “Mega-Ladestationen” auf Arealnetze modelliert. So werden dann z.B. das Peak-Shaving Potential, eine börsenpreis-optimierte Energiebeschaffung, Regel-Energie-Potentiale als auch Blindleistungskompensationen analysiert.

Ladeinfrastruktur für Nutzfahrzeuge unerlässlich

Der Schwerlastverkehr ist für die Energiewende und das Erreichen der Klimaziele von zentraler Bedeutung. Auf den Strassen Europas sind rund 6,6 Millionen Lastkraftwagen im Einsatz. Sie transportieren 76,7% aller Frachten an Land. Folglich gilt es auch hier, den Anteil an emissionsarmen oder emissionsfreien Transportmitteln zu erhöhen. «Gerade für Langstrecken-LKW oder auch für Schiffe und Flugzeuge ist neuartige Ladeinfrastruktur nötig. Sie unterscheidet sich von der Infrastruktur für Elektro-PKW und ermöglicht es, schwere Nutzfahrzeuge in kurzer Zeit aufzuladen. Das hilft dabei, dass der emissionslose Güterverkehr in allen Anwendungsfeldern ankommt.», erklärt Vivien Dettwiler, Mitglied der Geschäftsleitung von Designwerk. Damit das System auf die notwendige Akzeptanz stösst, richtet es sich nach dem neuen Ladestandard Megawatt Charging System, kurz MCS. Dieser wurde im Juni dieses Jahres international lanciert.

Versorgungssicherheit als Projektbestandteil

Die Erkenntnis, dass leistungsstarke Ladestationen Netze beanspruchen, ist fester Bestandteil der Projektausgangslage. Der Demonstrationsbetrieb soll deshalb Wege aufzeigen, wie ein Hochleistungs-Ladenetzwerk und Versorgungssicherheit Hand in Hand gehen können. «In unseren Ladecontainern verbauen wir Second Life E-LKW Batterien als Puffer, um Lastspitzen vorzubeugen. Damit entfällt nicht nur ein Netzausbau: Der Speicher soll gar in der Lage sein, erneuerbar produzierten Strom wieder ans Netz abzugeben», so Dettwiler. Ähnlich wie beim bidirektionalen Laden, lässt sich Elektromobilität so als Teil von Versorgungslösungen nutzen. Dass das funktioniert, sollen Demonstrationsanlagen bei der Galliker Transport AG, Käppeli Logistik und Murg Flums Energie unter Beweis stellen.

Batteriegepufferter Ladecontainer soll Nutzfahrzeuge langstreckentauglich machen und Stromnetze entlasten

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Simon Nigsch, MSc. FHO

Bereichsleiter Elektrische Energiesysteme IES

Tel. +41 58 257 31 78

simon.nigsch@ost.ch

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Simon Nigsch

IES Institut für Energiesysteme Dozent für Leistungselektronik, Leiter Elektrische Energiesysteme IES

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IES News

Wie barrierefrei sind Hochschulen?

07.06.2024

Wo stehen die Hochschulen auf dem Weg zur Barrierefreiheit? Wie kann ein inklusives Studium aussehen? Was erwarten die Studierenden? Um diese Fragen zu diskutieren, luden die OST – Ostschweizer Fachhochschule und die Universität St.Gallen am 29. Mai 2024 zur öffentlichen Veranstaltung «Campus all-inclusive?». Rund 80 Teilnehmende erhielten an der OST einen Einblick in die Themenvielfalt der aktuellen Inklusionsdebatte.

Podium mit Studierenden und Gästen diskutiert angeregt, wie ein inklusives Studium aussehen soll.
Gut besuchter Anlass mit 80 Teilnehmenden an der OST in St.Gallen
Moderator Stefan Ribler im Gespräch mit Camilla Bischofberger, ehemalige Studentin der Uni St.Gallen
Heinz Frei erzählt, was ihn zum Spitzensport gebracht hat.

Es war ein Anlass mit viel Raum für persönliche Erfahrungen. Ein Abend, der in vielfältigen Facetten zeigte, wie herausfordernd ein Studium mit einer Behinderung oder chronischen Krankheit sein kann und welche Strategien die Betroffenen für sich entwickelt haben, um mit den Schwierigkeiten und Hindernissen im Hochschulkontext umzugehen. Und zugleich wurde den 80 Teilnehmenden deutlich, wie sich die Hochschulen verändern müssen, um mehr Inklusion zu ermöglichen.

In seiner Eröffnungsrede hob Daniel Seelhofer, Rektor der OST – Ostschweizer Fachhochschule, die gesellschaftliche Bedeutung des Themas hervor und verwies auf das Behindertengleichstellungsgesetz und die UNO-Behindertenrechtskonvention, «zwei wichtige Meilensteine, um die Chancengleichheit und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen voranzubringen.»

Ein Pionier des Rollstuhlsports erzählt

Heinz Frei, mehrfacher Weltrekordfahrer und Pionier des Rollstuhlsports, sprach über seinen Weg zum Spitzensport. Angetrieben habe ihn die Frage, «wie wir uns als Betroffene zu Beteiligten machen können.» Er erzählte, wie er gelernt habe, seine Behinderung anzunehmen und Verantwortung für sich selbst zu übernehmen. Wie er mit Schwierigkeiten umgegangen ist und zum Rollstuhlsport gefunden hat. «Von Inklusion war in den 1970er Jahren noch keine Rede.». Getragen habe ihn «der starke Wille nach Selbständigkeit» und eine «positive Einstellung gegenüber dem Leben».

Anschliessend diskutierten auf dem Podium aktuelle und ehemalige Studierende der OST – Ostschweizer Fachhochschule und der Universität St.Gallen ihre Erfahrungen. Mit dabei waren Dietmar Grichnik, Prorektor Innovation und Qualität HSG, und Heinz Frei. Gleich zu Beginn gab Moderator und OST-Dozent Stefan Ribler die Frage in die Runde: «Warum muss ein Campus ‘all-inclusive’ sein?»

«Es braucht Strukturen, die mich in meiner Entwicklung unterstützen, ohne dass ich mich selbst darum kümmern muss», ist die Studentin Pia Seimetz überzeugt. «Und wir brauchen geschützte Räume, damit Menschen mit Behinderungen und chronischen Krankheiten sich austauschen können». Deshalb habe sie die Safe Space Association an der HSG gegründet. «Besonders der Umgang mit nicht-sichtbaren Beeinträchtigungen ist herausfordernd. Wir bieten einen Erfahrungsort und möchten zur Entstigmatisierung beitragen. Denn Inklusion fängt bei den Denkstrukturen an. Wenn alle verstehen, dass Diversität ein Vorteil ist, wäre dies ein grosser Gewinn.»

Mehr Empowerment  – dank Vernetzung

Auch Angela Oberholzer ist davon überzeugt, dass Vernetzung zum Empowerment beiträgt. Sie hat zu Beginn ihres Studiums der Sozialen Arbeit die ADHS-Austauschgruppe gegründet, um Erfahrungen zu teilen und gemeinsam Strategien fürs Studium zu entwickeln. «Ich gehe heute offen mit meiner Beeinträchtigung um, und in Gruppen mit neurodiversen Menschen gibt es viel Verständnis.» Was die Diagnostik angeht, so sei die Ausgangslage bei Frauen und Männer allerdings unterschiedlich: «Bei Jungs wird oft bereits in der Schule ADHS diagnostiziert, weil ihr Verhalten als störend wahrgenommen wird. Mädchen hingegen fallen meist unter den unaufmerksamen Typ und erhalten deshalb erst spät die Diagnose.»

«Oftmals fehlt das Bewusstsein für bestimmte Einschränkungen», erklärte die Sozialarbeiterin Christine Schöni. «Ich habe mich im Studium dafür eingesetzt, dass Anpassungen bei der Infrastruktur und Gebäudemarkierungen vorgenommen wurden und habe an einer Veranstaltung für Lehrende zur Gestaltung von barrierefreien Lehrmaterialien mitgewirkt. Aus meiner Sicht sollte es gewisse Standards für Hochschuldozierende geben, die auch Bestandteil der Ausbildung sein sollten.»

Die Wichtigkeit von Beratungsstellen und Angeboten betont Camilla Bischofberger, Kommunikationsverantwortliche bei Pro Infirmis: «Ich hatte eine grosse Unterstützung. Wir haben die ganze Infrastruktur auf Barrierefreiheit durchgecheckt. Auch der privilegierte Zugang zum Kursbuchungssystem hat mich entlastet.»

Situation an den beiden Hochschulen

Wie die Situation aus Sicht der Hochschulleitung aussieht, skizzierte Prorektor Dietmar Grichnik von der HSG: «Es studieren heute rund 8–10% mit einer Behinderung oder chronischen Krankheit, davon 80% mit einer nicht-sichtbaren Beeinträchtigung». Wichtig seien deshalb eine stärkere Sensibilisierung der Lehrenden und Forschenden, unterstützende Instrumente wie der Nachteilsausgleich, neue Lernformen und eine individuelle Betreuung.

Der gut besuchte Anlass machte eindrucksvoll deutlich, was persönliches Engagement bewirken kann und wie weit der Weg zur inklusiven Hochschule noch ist. Organisiert wurde die Veranstaltung von der Anlaufstelle Barrierefreie Hochschule der OST und der Diversity & Inclusion – Chancengleichheit und Special Needs (unisg.ch) der Universität St.Gallen.

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