«Die Zukunft ist schon da»
2020 gründete er Zeam, heute zählen Konzerne zu seinen Kunden. Das Forbes-Magazin erklärte ihn zu den vielversprechendsten Schweizer «30 unter 30»: Wir trafen Jo Dietrich im Hof Weissbad im Appenzell. Er fordert, Jungen zuzuhören und sie strategisch einzubinden.
Interview mit Award-Referent Jo Dietrich
Jo Dietrich, Du behauptest, die Generation Z wird in Kürze jede Industrie auf den Kopf stellen. Seid Ihr so wild?
Jo Dietrich: Damit wollte ich keine Charakterzuschreibung vornehmen, sondern die Relevanz der Generation Z betonen – auf dem Arbeitsmarkt und in der Gesellschaft. In ihr steckt viel Kraft für Veränderungen. Noch nie reichten so viele Junge Kündigungen ein wie letztes Jahr, rund 40 Prozent wollen innerhalb der nächsten zwei Jahre den Arbeitgeber wechseln. Gleichzeitig gehen in den nächsten zehn Jahren 30 Prozent mehr Menschen in Rente als neu in den Arbeitsmarkt eintreten. Die Jungen können also erstmals verhandeln, wie sie ihre Arbeit gestalten wollen. Auch als Kunden sind wir anders. Nachhaltigkeit ist ein grosses Thema.
Ist es nicht anmassend, wenn sich eine eingespielte Arbeitswelt an den Forderungen der Jüngsten ausrichten soll? Dort arbeiten Leute, die sich noch an Unternehmen anpassen mussten.
Jo Dietrich: Unsere Forderungen sind oft implizit. Wir treten nicht nur frech auf. Aber wenn man uns keine Verantwortung gibt, gehen wir dahin, wo wir sie bekommen. Zudem haben wir mit Sozialen Medien wie Linkedin oder Tiktok eine Bühne, um Anliegen zu artikulieren. Und es ist so: «Mehr Erfahrung» heisst heute nicht mehr automatisch «mehr Kompetenz». Natürlich muss nicht jede Forderung erfüllt werden, aber der Spruch «es war schon immer so» zieht bei uns nicht mehr. Dafür dreht sich die Welt zu schnell. Die Unternehmen wollen sich modernisieren. Gerade die Personalabteilungen sind sehr offen für Impulse.
Gibt es Branchen- oder geografische Unterschiede?
Jo Dietrich: Viele Tech-Firmen haben kaum Probleme, Leute zu finden – manche eher, um sie langfristig zu bezahlen. Trotzdem werden alle Unternehmen mit den Arbeitsbedingungen dieser Tech-Konzerne verglichen. Daher müssen sich Unternehmen verändern und sich jungen Menschen präsentieren. Die meisten unserer Kunden stammen aus traditionelleren Branchen.
Welche Entwicklungen auf Unternehmen zukommen, habt Ihr jüngst mit einer Studie über die Generation Z in der Schweiz untersucht. Was war Euer Antrieb?
Jo Dietrich: Es gab in der Schweiz keine repräsentative Studie mit mindestens tausend Befragten zur Generation Z. Zudem waren die vorhandenen Untersuchungen sehr eindimensional: Sie kommen aus der Wissenschaft – gemacht von Älteren – und sind praxis- und zielgruppenfern. So entstehen Aussagen wie: «Whatsapp ist das meistbenutzte Soziale Medium bei Jungen.» Die lachen dann, weil Whatsapp kein Soziales Medium ist, sondern ein Kommunikationskanal.
Wir taten uns mit dem erfahrenen Marktforschungsinstitut Link zusammen und brachten unser Know-how ins Studiendesign ein: Was wollen Unternehmen in der Praxis wissen? Wie kann man es in einen Kontext setzen für Junge? Wir benutzen die Studie nun für unsere Arbeit. Beispielsweise entwickelten wir ein «Steuerrad», um Marketingausgaben richtig auf Junge zu lenken. Heute wird viel Geld verbrannt. Wir sehen immer noch Werbung für Lehrstellen in Zeitungen.