Medienmitteilungen der OST

Expertengruppe fordert: Einsatz von Robotern in Betreuung und Pflege prüfen

Medienmitteilung vom 4. Dezember 2020

Garbald Gespräche zum Thema «Roboter als Unterstützung im Alter»

Welche Unterstützung können oder sollen Roboter im Alter bieten? In den Garbald Gesprächen haben Forscherinnen und Forscher, Vertreterinnen und Vertreter von mit dieser Thematik betrauten Organisationen sowie von Interessenorganisationen diskutiert und drei konkrete Handlungsempfehlungen formuliert. So wurde zum Beispiel resümiert, dass die Erwartungen und Befürchtungen aller Anspruchsgruppen angesprochen und sehr ernst genommen werden müssen. Entsprechend braucht es Partizipation und Öffentlichkeitsarbeit.

Roboter haarkämmend

Wir leben in einer Gesellschaft, in welcher die Menschen immer älter werden und immer mehr Personen im Alter Unterstützungsbedarf haben. Gleichzeitig möchten die Seniorinnen und Senioren möglichst lange selbstständig leben können. Angesichts des bereits existierenden Fachkräftemangels im Betreuungs- und Pflegebereich werden grosse Herausforderung auf die Gesellschaft zukommen, daher braucht es ergänzende oder alternative Lösungen.

Technologien können einen Lösungsansatz bieten, insbesondere Robotertechnologien, welche sowohl die Selbstständigkeit und das Wohlbefinden der Seniorinnen und Senioren erhalten und gleichzeitig die Pflegenden entlasten können. «In unseren Kulturkreisen sind Roboter aber sozial und gesellschaftlich noch nicht so akzeptiert, wie sie das zum Beispiel in Japan sind», sagt Prof. Dr. Sabina Misoch, Leiterin des Instituts für Altersforschung an der OST – Ostschweizer Fachhochschule. Sie selbst reist regelmässig nach Japan und pflegt enge Kontakte mit Forschenden und Entwicklern vor Ort. Sie war es auch, die die Garbald Gespräche zu Robotern als Unterstützung im Alter initiiert hat und die inhaltliche Leitung der Gespräche übernahm. In diesen Gesprächen trafen sich dreizehn Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Anspruchsgruppen, darunter aus der Forschung, Organisationen wie Spitex oder auch Vertreterinnen und Vertreter von Interessenorganisationen. Als Ergebnis der interdisziplinären Gespräche wurden konkrete Handlungsempfehlungen formuliert, die nun gesamtgesellschaftlich umgesetzt werden sollen. Die Diskussion und die Ziele finden sich im Oktober erschienenen White Paper «Roboter als Unterstützung im Alter». Das White Paper finden Sie in der Anlage zu dieser Medienmitteilung.

Partizipation, Informationsbereitstellung und Öffentlichkeit

«Wichtig bei der Umsetzung ist es, dass alle Anspruchsgruppen zusammenarbeiten», erklärt Misoch. Entsprechend lautet eines der drei Ziele «Einforderung von Partizipation und Öffentlichkeitsarbeit». Damit können alle Anspruchsgruppen am Diskurs teilnehmen und Fiktion von Realität von Robotiklösungen auseinandergehalten werden, vermerkt das White Paper. Dafür sei wiederum Öffentlichkeitsarbeit notwendig, damit die Öffentlichkeit überhaupt über die real verfügbaren Möglichkeiten informiert ist. Damit alle Anspruchsgruppen zu vertiefteren Informationen gelangen können, formulieren die Expertinnen und Experten das zweite Ziel der «Etablierung einer Informations-Plattform». Die Forderung lautet hier, dass ein zentraler, unabhängiger und umfassender Informations-Service eingerichtet wird, in dem eine öffentlich zugängliche und neutrale Auslegeordnung abgebildet wird.

Das dritte und letzte Ziel lautet «Nationaler Forschungsschwerpunkt und klare Anforderungskataloge». Damit soll insbesondere die Brücke zwischen Entwicklerinnen und Entwicklern von Robotiklösungen und den Nutzergruppen gebaut werden, da erste meist unzureichende Kenntnisse darüber haben, welche Lösungen in spezifischen Situationen benötigt werden und wo konkret Unterstützungs- und damit Entwicklungsbedarf bestehe: «Wenn aber Lösungen bestehende Probleme adressieren, dann werden sie nicht nur theoretisch, sondern tatsächlich zur Unterstützung der Autonomie der älteren Personen und der Entlastung der Pflegenden beitragen», ist sich Misoch sicher. Damit dies gelingt, sollen einerseits ein nationaler Forschungsschwerpunkt, aber auch interdisziplinäre Studiengänge und Kooperationen zwischen gesundheitswissenschaftlichen und technischen Fachrichtungen eingerichtet werden. «Das ist die Basis für einen Innovations-Hub als Schnittstelle zwischen Forschung und Praxis, und dieser wiederum schafft die Basis für die Schaffung von schweizweiten und internationalen Kompetenz- und Forschungsnetzwerken im Bereich Gerontechnologie», ergänzt Misoch.

Es darf keine Zeit verloren gehen, um den Einsatz von Robotern vorzubereiten

Im White Paper wird das Ergebnis der Gespräche folgendermassen kommentiert: «Die drei vorgängig erwähnten Handlungsempfehlungen weisen eine unmittelbare, eine mittelfristige sowie eine langfristige Machbarkeit auf. Alle Beteiligten der Garbald Gespräche sind sich jedoch einig, dass keine Zeit verloren gehen darf in diesem gesellschaftspolitisch wichtigen und über die Zeit noch aktueller werdenden Thema des sozialverträglichen Robotikeinsatzes als Unterstützung im Alter.» Entsprechend werden Misoch und die Verantwortliche der Fondazione Garbald, Frau Charlotte Gubler in verschiedenen Gesprächen, in Öffentlichkeitsarbeit sowie bei relevanten Funktionsträgerinnen und Funktionsträgern Überzeugungsarbeit leisten, um für die einzelnen Vorschläge die notwendigen Rahmenbedingungen zur Umsetzung zu schaffen.

[Hintergrund: Die Garbald Gespräche]

Das Whitepaper «Roboter als Unterstützung im Alter» ist im Rahmen der Garbald Gespräche entstanden. Es ist das Ergebnis eines interdisziplinären Reflexionsprozesses unter Einbezug relevanter und betroffener Anspruchsgruppen mit dem Ziel, Handlungsempfehlungen mit konkreter Umsetzungsmöglichkeit zu identifizieren, welche als Basis für sozialverträgliche und gesellschaftlich akzeptierte Lösungen für den Robotikeinsatz im Alter dienen sollen.
Die Garbald Gespräche erlaubten eine umfassende, interdisziplinäre Betrachtung des Themas und liefern mit den erarbeiteten Ergebnissen und Handlungsempfehlungen einen Baustein für die Basis zukünftiger tragfähiger Lösungen für die Gesellschaft der Zukunft und für eine öffentliche Diskussion relevanter Themen.


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