Forschungsprojekt

Neue Lösungen für die verbesserte Planung von Windenergieprojekten in bergigen Gebieten

Im Fachbereich Wind Energy Innovation engagieren wir uns in interdisziplinärer Forschung, um inspirierende innovative Lösungen zu entwickeln, die von den Menschen effektiv und nachhaltig eingesetzt werden können, um einen positiven Beitrag zum Windenergiesektor zu leisten. Unser Engagement in der Entwicklung von neuen Lösungen für die verbesserte Planung von Windenergieprojekten in bergigen Gebieten wie in den Schweizer Alpen ist ein aktuelles Beispiel von einer tollen interdisziplinären Zusammenarbeit.

Die Herausforderungen von Windenergieprojekten in den Bergen

Die fortschreitende Umstellung auf erneuerbare Energien wird dazu führen, dass mehr Windenergieanlagen installiert und betrieben werden müssen. An Land werden Windenergieanlagen zunehmend in Gebirgsregionen aufgestellt, die in der Windenergiebranche oft als "komplexes Gelände" bezeichnet werden, z.B. in den Schweizer Alpen. In diesen Gebieten können komplexe Strömungen auftreten, die schwer zu modellieren sind, sowie kalte Klimabedingungen, die zur Vereisung von Instrumenten und Rotorblättern führen und den Betrieb von Windenergieanlagen weiter beeinträchtigen können. Vor kurzem hat unsere Fachbereichsleiterin Wind Energy Innovation Sarah Barber in einer kollaborativen Journal Paper [1] mitgewirkt (Abbildung 1). Der Schwerpunkt der Veröffentlichung liegt auf der Interaktion zwischen der Atmosphäre, dem Gelände, der Bodenbedeckung und den Windenergieanlagen in allen Phasen des Lebenszyklus eines Projekts. Um diese Herausforderungen anzugehen, schlagen die Autor:innen der Branche zum Beispiel vor, kooperative Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen zu initiieren, verbesserte Wind- und Wettermodelle zu entwickeln, die Rahmenbedingungen für die gemeinsame Nutzung von Daten zu definieren und gemeinsam eine quantitative Definition der "Standortkomplexität" festzulegen. Die Erfüllung dieser Anforderungen ist eine wesentliche Voraussetzung für die erschwingliche und zuverlässige Nutzung der Windenergie in grossem Massstab in vielen Ländern der Welt (siehe Abb.1, nach dem Beitrag).

Rechnerisch effiziente Methoden für regionale Planung in der Schweiz

Die Berechnung von räumlich hoch aufgelösten, langjährigen Windfeldern in bergigem Gelände zur Planung von Windenergieprojekten ist derzeit nur mit einem sehr grossen Zeit- und Rechenaufwand möglich. Eine effiziente Alternativmethode stellt statistisches Downscaling dar, womit sich Informationen über Wind und potenzielle Energieproduktion räumlich und zeitlich hochaufgelöst aber mit geringerem Rechenaufwand gewinnen lassen. Dabei wird der Wind aus gering aufgelösten Informationen (z.B. von Wettermodellen oder Messungen), unter Berücksichtigung des Einflusses der Topografie auf die Windfelder, auf ein höher aufgelöstes Gitter verteilt. In einer gerade abgeschlossenen Studie haben wir solch eine statistische Downscaling-Methode [2] für ein Berggebiet in der Schweiz eingesetzt [3]. Dabei konnten wir wir anhand einer lokalen, langjährigen Windgeschwindigkeitsmessung stündliche Windkarten auf verschiedenen räumlichen Gittergrössen erstellen. Diese Windkarten bilden den Einfluss von Topografie auf die Windgeschwindigkeit (Abschirmung und Beschleunigung) sowie jahreszeitliche Veränderungen ab. Wir konnten stündliche Windkarten in 10 verschiedenen räumlichen Gitterauflösungen von 4 m bis 1000 m über rund 10 Jahre für ein Gebiet von etwa 42 km2 erstellen. Für jede Gitterauflösung wurden mehr als 95'000 Windkarten in weniger als zwei Tagen berechnet, da die angewandte Methode [2] rechnerisch sehr effizient ist. Anhand der oberflächennahen Windkarten und einer theoretischen Leistungskurve einer Windenergieanlage konnten wir die langfristigen Windenergieerträge (Karten) für jede der Gitterauflösungen berechnen. Mittels einer Sensitivitätsanalyse untersuchten wir die Auswirkungen unterschiedlicher horizontaler räumlicher Auflösungen auf den gesamten und lokalen Windenergieertrag. Insbesondere analysierten wir den Einfluss der horizontalen Auflösung auf den Gesamtenergieertrag der fünf grössten Windenergieerträge im Gebiet, da diese Orte in einer Standortbeurteilung für Windturbinen wahrscheinlich mit einfliessen würden. Die unterschätzte Variabilität des Geländes für grobe Gitterauflösungen führt zu einer geringeren räumlichen Variabilität der Windgeschwindigkeiten. Dies wiederum führt zu einer zunehmenden Unterschätzung des Energieertrags mit abnehmender (gröberer) Gitterauflösung, in unserem Beispiel bis zu 43 % (Abb. 2). In einem neuen Forschungsprojekt "WindMet" arbeiten wir an der Validierung der vorgestellten Methode für die Energieertragsabschätzungen in Bergregionen sowie der Verbesserung deren Genauigkeit, wie unten erläutert (siehe Abb. 2, nach dem Beitrag).

Weiterentwicklung und Verbesserung von Windmodellierungsmethoden – Projekt “WindMet”

Um schlussendlich Wind- und Wettermodelle in Gebirgsregionen zu verbessern, starten wir im November 2023 zusammen mit EPFL und Decentlab GmbH ein BFE-finanziertes Forschungsprojekt "WindMet". Ziel dieses Projektes ist es, Empfehlungen für rechnerisch effiziente Modelle zur Gewinnung hochaufgelöster Windfelder und damit zur Abschätzung von Energieerträgen in gebirgigem Gelände für Windmodellierer:innen und Windenergieplaner:innen zu formulieren. Um solche Empfehlungen zu entwickeln, werden wir Windfelder in bergigem Gelände mit hoher räumlich-zeitlicher Auflösung berechnen und ihre Genauigkeit mit Messungen in verschiedenen Berggebieten in der Schweiz bewerten. Unser Schwerpunkt liegt auf räumlich-zeitlichen Windfeldern, da nur die Berücksichtigung zeitlicher und räumlicher Variationen das gesamte Windpotenzial in bergigem Gelände abbilden kann, wo die Windströmung durch Topographie aber auch durch meteorologische jahreszeitliche und tägliche Effekte verändert werden kann. Wir werden bestehende, recheneffiziente Methoden auf Basis von Downscaling-Ansätzen evaluieren bzw. weiterentwickeln (für ein Beispiel einer Methode siehe Abb. 3, nach dem Beitrag).

Arbeiten Sie mit uns zusammen!

Sind Sie in der regionalen oder nationalen Planung von Windenergieprojekten in bergigem Gelände tätig? Interessieren Sie sich für unsere effiziente und genaue Methoden, um ihre Planung zu verbessern? Oder sind Sie in der Lage, uns Windmessungen für die Validierung zur Verfügung zu stellen?

 

Melden Sie sich gerne bei Nora Helbig (nora.helbig@ost.ch) und Sarah Barber (sarah.barber@ost.ch)!

 

Literatur:

[1] Clifton, A., Barber, S., Stökl, A., Frank, H., and Karlsson, T.: Research challenges and needs for the deployment of wind energy in hilly and mountainous regions, Wind Energ. Sci., 7, 2231–2254, https://doi.org/10.5194/wes-7-2231-2022, 2022.

[2] Helbig, N., Mott, R., van Herwijnen, A., Winstral, A. and Jonas, T. (2017): Parameterizing surface wind speed over complex topography. J. Geophys. Res., 122, 651–667.

[3] Helbig, N., Hammer, F., and Barber, S. (2023): Characterizing the impact of spatial scales on near-surface wind speed and wind power generation in a mountainous environment, EGU General Assembly 2023, Vienna, Austria, 24–28 Apr 2023, EGU23-9025, https://doi.org/10.5194/egusphere-egu23-9025.

 

Projektfinanzierung: