Die Aktivitäten des H2-Hub Schweiz
Daniel Lüdin, Geschäftsstelle Cluster & Initiativen des Logistikcluster Region Basel Geschäftsführer H2-HUB Schweiz
Der erste Beitrag widmete sich der Drehscheibe für grünen Wasserstoff in der durch seine Industrie geprägte Region Basel. Der im Februar 2024 neu gegründete Verein H2-Hub Schweiz ist eine lokale Initiative der iwb, welche die trinationale Zusammenarbeit stärken und eine nationale Wirkung erreichen soll.
Die Vision ist ein Anschluss an den European Hydrogen Backbone in Basel – also, dass die Schweiz an das europäische Wasserstoffnetz angeschlossen wird. Hierfür werden derzeit die Rahmenbedingungen geklärt. Der in Birsfelden, Albbruck und an anderen Standorten erzeugte Wasserstoff soll entlang des Hochrheins und in Basel vermarktet werden. Hierzu ist eine entsprechende Infrastruktur für Transport und Verteilung erforderlich. Verschiedene Varianten der Routenführung erforderlicher Grenzübergangspunkte werden derzeit geprüft, neben technischen Anforderungen auch auf finanzielle und regulatorische Aspekte.
Um in die Umsetzung zu kommen, wurde bereits ein erstes Pilotprojekt gestartet. Nach dem letztjährigen Investitionsentscheid startet dieses Jahr der Bau der Wasserstoffproduktionsanlage im Birsfelder Hafen. Der Elektrolyseur wird eine elektrische Leistung von 15 MWel aufweisen und damit 270 kg/h grünen Wasserstoff produzieren können. Der Wasserstoff (und auch der Sauerstoff) wird per Netz zur lokalen Industrie transportiert. Der erste Abschnitt des Verteilnetzes befindet sich bereits im Bau.
Eckwerte der Schweizer Wasserstoffstrategie
Dr. Markus Bareit, Projektleiter Wasserstoff, Bundesamt für Energie (BFE)
Im Dezember wurde die neue Wasserstoffstrategie für die Schweiz publiziert – und nun zum ersten Mal dem Fachpublikum in einer Veranstaltung öffentlich präsentiert. Die Wasserstoffstrategie orientierte sich an den Klimazielen des Bundes, das bedeutet, dass kein Wasserstoff aus fossilen Energien mitberücksichtigt wurde, sondern nur CO2-neutral produzierter Wasserstoff, der mit erneuerbarem Strom oder Atomstrom hergestellt werden kann.
Das Leitbild der Wasserstoffstrategie zeigt auf, dass Wasserstoff und Power-to-X wichtige Bestandteile des künftigen Energiesystems sein werden. Es ist jedoch erforderlich, dass zur Herstellung nur CO2-neutraler Strom verwendet wird, und der Einsatz nur erfolgt, wenn wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll. Sowohl die Versorgungssicherheit und inländische Produktion und Speicherung sind wichtige Themen sowie auch die Einbindung an Europa.
Da die Schweiz wohl kaum Exporteurin von Wasserstoff werden wird, wurde in der Strategie insbesondere der Bedarf betrachtet. Dieser wird im Strassenverkehr, für Hochtemperaturprozesswärme, Spitzenlastabdeckung sowie im Schiffsverkehr gesehen. Nicht abgedeckt ist darin die Luftfahrt, welche mit nachhaltigen Flugtreibstoffen (SAF, Sustainable Aviation Fuels) versorgt wird, die importiert werden müssen. Das BFE geht bis 2050 bis zu einem inländischen Wasserstoffbedarf von 3.6 – 10 TWh pro Jahr aus. Es wird dabei angenommen, dass bis 2030 der Schweizer Bedarf durch inländische Produktion von Wasserstoff gedeckt wird, und dass danach, wenn der Bedarf ansteigt, dieser durch leitungsgebundenen Import ergänzt wird.
Für die Umsetzung der Strategie sind auch einige Massnahmen angedacht. So werden mit dem neuen Klimaschutzgesetz (KIG) Art. 6 neuartige Technologien gefördert, u.a. auch Wasserstofftechnologien. Für den Ausbau der Infrastruktur ist allerdings nicht der Bund, sondern die entsprechenden Wirtschaftszweige zuständig. Da dies jedoch mit Risiken verbunden ist, prüft der Bund derzeit die Möglichkeit einer finanziellen Absicherung für die Anbindung an Europa. Zusätzlich soll dieses Jahr ein runder Tisch zum Thema Energiespeicher mit relevanten Stakeholdern durchgeführt werden.
Wasserstoff in der Schweiz – Kostenvergleich unterschiedlicher Lieferketten
Thorsten Harder, Produktmanager, Burckhardt Compression AG
Das weltweit aktive Winterthurer Grossunternehmen Burckhardt Compression mit knapp einer Milliarde Umsatz hat in den letzten Jahren den Geschäftsbereich Wasserstoff entwickelt, welcher nun bereits rund 10 % des Umsatzes ausmacht.
Da die Kosten der Wasserstoffherstellung hauptsächlich von den Stromkosten beeinflusst werden, gibt es sehr grosse regionale Unterschiede in den Produktionskosten von Wasserstoff und den Derivaten. Deshalb ist davon auszugehen, dass künftig der grün hergestellte Wasserstoff über grosse Strecken zwischen Produktion und Verbrauch transportiert wird. Dabei gibt es unterschiedliche Varianten, die wieder zusätzliche Kosten verursachen.
Die Berechnung verschiedener Varianten von Wasserstofftransport hat gezeigt, dass zum Beispiel der Import von H2 in Form von Ammoniak aus dem Nahen Osten in die EU teuer ist. Im Vergleich dazu ist gemäss den Berechnungen von Burckhardt Compression der Transport von verflüssigtem Wasserstoff günstiger. Dagegen ist Wasserstoff, der in der Region produziert und verflüssigt wird, aufgrund der hohen Strom- und damit Produktionskosten rund doppelt so teuer wie der Import von flüssigem Wasserstoff aus dem Nahen Osten. Wird der Wasserstoff komprimiert statt verflüssigt und kann direkt aus dem Nahen Osten über Pipelines transportiert werden, können die Kosten nochmals gesenkt werden.
Weitere Erkenntnisse sind: Je grösser der Container, desto geringer die Kosten für die Containernutzung (Skaleneffekt). Und: Eine längere Dauer des Hin- und Rücktransports erhöht die Kosten für Wasserstoff erheblich (hauptsächlich aufgrund der Kosten für die Containerfinanzierung) und gleicht möglicherweise die niedrigeren Kosten für die H2-Produktion in abgelegenen Gebieten aus.
Diese Betrachtungen umfassen rein die wirtschaftlichen Aspekte und relativieren das Kriterium der Effizienz.
Nachhaltig mit Power-to-X
Luka Cuderman, Strategie & Business Manager, Axpo
Aktuell sind noch rund 80 % des Schweizer Endenergieverbrauchs nicht erneuerbar, dies bietet die Möglichkeit für Power-to-X-Anwendungen. Die künftige Nachfrage nach Wasserstoff wird sich aus der Substitution von grauem Wasserstoff in den heutigen Anwendungen sowie aus neuen Anwendungen, hauptsächlich im Mobilitätssektor, ergeben. Dabei wird kohlenstoffarmes H2 mit anderen Technologien wie z.B. direkter Elektrifizierung konkurrieren. Wasserstoff ist jedoch auch eine Grundlage für synthetische Kraftstoffe (Methan, Methanol, Ammoniak) und kann so durch eine Weiterverarbeitung weiteren Anwendungen zugeführt werden.
Die Axpo betreibt oder baut derzeit erste Wasserstoffproduktionsanlagen in Domat/Ems (2.5 MW PEM-Elektrolyseur, Betrieb seit dem zweiten Quartal 2024), Altdorf (2 MW PEM-Elektrolyseur, Baubeginn erfolgte im Dezember 2024) und Wildegg (bis zu 15 MW PEM-Elektrolyseur; Baubewilligung ist vorhanden, Baubeginn 2025 erwartet). Alle Anlagen stehen bei Laufwasserkraftwerken.
Ihre internen Berechnungen haben gezeigt, dass für einen ökonomischen Betrieb der Elektrolyse-Anlagen mindestens 4500 Volllaststunden pro Jahr erreicht werden müssen (wegen der Amortisation der Investitionskosten), und dass die Elektrizität der zentrale Kostentreiber für die Produktion von grünem Wasserstoff ist. Je höher aber die Auslastung, desto höher sind auch die Strombeschaffungskosten, es gilt also die Amortisationskosten und die Stromkosten gegeneinander abzuwägen.
Die Zahlen zeigen auch eine deutliche Zunahme der Stromkosten zwischen 2019 und 2024, in dessen Zeitraum sich die Stromkosten für die Wasserstoffproduktion vervierfacht haben.
Hydrogen Valley Südbaden
Dieter Sommerhalter, Geschäftsführer, ITG (Infrastruktur-Trägergesellschaft mbH & Co. KG)
Die ITG beschäftigt sich schon länger mit der Idee einer Wasserstoffleitung zwischen Karlsruhe und Konstanz, inklusive einem kleinen Teil durch die Schweiz bei Basel. Im Jahr 2022 haben sie hierfür eine trinationale Wasserstoff-Initiative ins Leben gerufen, um die relevanten Stakeholder zusammenzubringen.
Ihr von der EU und Baden-Württemberg gefördertes Projekt Hydrogen Valley Südbaden verfügt über 6.2 Millionen Euro um die Realisierung des Wasserstoffnetzes in den drei Ländern Frankreich, Schweiz und Deutschland anzugehen. Das Geld kann dabei in den Bereichen Wasserstoffproduktion, Verteilung wie auch Verwendung eingesetzt werden. Ein erstes Projekt für eine Million für den Bau einer Wasserstofftankstelle wurde bereits gestartet, die restlichen Projekte sind noch nicht definiert.
Power-to-X im zukünftigen Energiesystem des Fürstentum Liechtenstein
Dr. Nikolaus von Seemann, Vizepräsident, LIGEN Liechtensteinische Initiativgruppe für Energie-Nachhaltigkeit (e.V.)
Der Verein LIGEN hat zum Ziel, dass die in Liechtenstein erforderliche Energie zu jedem Zeitpunkt aus eigenen erneuerbaren Anlagen wirtschaftlich und zuverlässig geliefert wird. Sie haben hierzu ein Konzept erarbeitet, welches die Bereitstellung der gesamten in Liechtenstein erforderlichen Energie (das sind 640 GWh Strom, 540 GWh Wärme und 160 GWh Gas) beinhaltet. Gerade für die eigene Produktion des erforderlichen Gases, kommt neben Biogas aus Power-to-Gas in Frage.
Die deutschen Wasserstoffpipeline-Projekte sehen vor, dass bis 2032 die Wasserstoffpipeline bis Lindau steht. Dies ist für das Fürstentum Liechtenstein interessant, sofern die Pipeline durchs Rheintal weitergeführt werden kann. Die Idee ist also derzeit, die Speicherung von Überschussstrom mit Power-to-Hydrogen umzusetzen (und diese Anlage mit dem Wasserstoffnetz zu verbinden), während das benötigte Methan über Biogas hergestellt wird. Sollte die Pipeline nicht zustande kommen, könnte eine Power-to-Methan-Anlage interessant werden.
Liechtenstein hat eine Zollunion mit der Schweiz. Da die Schweiz es nicht erlaubt, grünes Gas per Pipeline über die Grenze zu transportieren (bzw. dessen Anerkennung als grün ablehnt), ist das auch in Liechtenstein nicht möglich. Der Transport per Lkw-Trailer ist möglich, doch das ist viel teurer. Dabei: der Import von grünem Strom via Stromleitung geht (obwohl auch da grüner und grauer Strom «gemischt» wird), beim Gas geht das (noch) nicht.
Die Dekarbonisierung von Liechtenstein wird insgesamt rund 620 Mio. Franken kosten. LIGEN geht davon aus, dass diese bis 2032/2033 umgesetzt werden kann. Dies beinhaltet auch den Bau von Photovoltaikanlagen (rund 200 Mio. CHF), eines Windparks und einer Power-to-Gas-Anlage (67 MW Elektrolyseur mit 2600 Volllaststunden).