Forschungsprojekt
Schweissnähte auf Knopfdruck prüfen
In Reinräumen in der Industrie oder in chemischen Anlagen können Lecks in Rohrleitungen rasch teuer werden oder fatale Folgen nach sich ziehen. Deshalb müssen alle Schweissnähte geprüft und die Resultate protokolliert werden. An der HSR wurde zusammen mit Georg Fischer Piping Systems ein preisgekröntes Gerät entwickelt, das Schweissnähte von Kunststoffrohrleitungen mittels digitaler Bildverarbeitung zuverlässig automatisch prüft und so mehr Sicherheit bietet.
Wasserschäden durch leckende Rohre in einer Wohnung sind teuer und mühsam. Wenn aber ein Rohr im Reinraum eines grossen Computerchip-Herstellers Flüssigkeit verliert oder in einer chemischen Anlage Flüssigkeiten austreten, fällt rasch eine ganze Produktionslinie aus und der Schaden geht innert kürzester Zeit in die Millionen.
Mit den heutigen, automatisierten Schweissprozessen sind Lecks an Schweissnähten selten. Um das Risiko der mit hohem Schadenspotenzial verbundenen Ausfälle zu verringern oder gar auf null zu reduzieren, schult Georg Fischer Piping Systems (GF) speziell ausgebildete Experten, die jede Schweissnaht visuell prüfen. Weil diese Fachkräfte jedoch immer rarer werden, hat sich GF zusammen mit der HSR auf die Suche nach einer teilautomatisierten Alternative gemacht.
Ein Greifer, der jeden Fehler sieht
GF hat in der Folge an der HSR ein Projekt mit den beiden Instituten ICOM Institut für Kommunikationssysteme und IMES Institut für Mikroelektronik und Embedded Systems gestartet. Das Ergebnis ist ein smarter Adapter, der von Hand auf jede Schweissnaht aufgesetzt wird, aber die Prüfung und Protokollierung jeder
Naht automatisiert durchführt. «An verschiedenen Messpunkten am gesamten Rohrumfang nimmt das Gerät die Schweissnähte auf und erkennt mittels Bildaufnahme und Bildverarbeitung, ob die Naht innerhalb definierter Vorgaben alle Parameter erfüllt», erklärt Prof. Dr. Paul Zbinden. Die optische Untersuchung reicht aus, weil sich so die Form der Schweissnaht optisch exakt bewerten lässt. Aus Erfahrung weiss GF: Entsprechen die optischen Messwerte den Vorgaben, kann eine Schweissnaht als weitgehend sicher angesehen werden. Für die Entwicklung des Messgeräts haben die beiden HSR Institute ihr Know-how im Bereich Hardware Entwicklung und Bildverarbeitungs-Algorithmen gebündelt. Das kaum faustgrosse Messgerät ist mit optischen Sensoren ausgestattet und kann mittels moderner Bildverarbeitungsverfahren zuverlässig Schweissnähte prüfen. Der Prüfer kann das Ergebnis jeder Prüfung auf einem Tablet ablesen und auch nachsehen, ob alles richtig dokumentiert wurde.
Objektiv und weniger Fehler
GF ist zufrieden mit dem Prototyp. «Statt der bisher langwierigen und teils subjektiven Prüfungen durch Experten sind mit dem neuen Gerät objektive, schnelle Prüfungen mit sehr geringen Fehlerquoten möglich – die Dokumentation wird dabei gleich automatisiert mit erledigt», sagt Peter Wäfler, Product Manager bei GF. In einer vom Fachkräftemangel betroffenen Branche sei das neue Gerät wichtig, um den Mangel an erfahrenen und qualifizierten Schweiss-Fachkräften abfedern und trotzdem höchste Qualitätsstandards garantieren zu können.
Weil Innovationen wie diese ganze Branchenzweige – in diesem Fall Hersteller mit hohen Reinheits- und Sicherheitsanforderungen – betreffen, wurde das Projekt mit dem IVS Innovationspreis 2019 der Schaffhauser Platzbanken ausgezeichnet.
Projektteam:
Prof. Dr. Paul Zbinden
IMES Institut für Mikroelektronik, Embedded Systems und SensorikProfessor für Mikroelektronik, Institutsleiter IMES
+41 58 257 45 84paul.zbinden@ost.ch